Digitale Gesundheitsanwendungen

Gesunde Entwicklung

Von Michael Gneuss und Jens Bartels · 2024

Die Digitalisierung des Gesundheitssystems nimmt an Fahrt auf. Ein Beispiel dafür: Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), die Erkrankte bei der Behandlung unterstützen sollen, werden seit ihrer Einführung im September 2020 immer häufiger verschrieben.

Eine Ärztin verwendet ein Tablet, um holografische medizinische Daten zu betrachten, während Kollegen im Hintergrund Informationen überprüfen.
Digitale Technologien halten Einzug in das Gesundheitswesen. Foto: iStock / J. Wackerhausen

2023 dürfte sich die Zahl der DiGA-Verordnungen auf rund 235.000 belaufen haben – mehr als doppelt so viele wie 2022. Zugleich steigt auch die Zahl der Anwendungen, die ein breites Spektrum an Krankheiten – von Wirbelsäulen- und Stoffwechselerkrankungen über Krebs bis hin zu Burnout – abdecken. Bis Mitte Januar 2024 wurden 53 Anwendungen für zwölf Therapiegebiete in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen – 20 mehr als im Jahr zuvor. Dies sind Ergebnisse des E-Health Monitor der Unternehmensberatung McKinsey.

Allerdings verläuft die Digitalisierung im Gesundheitswesen laut der Analyse der Consulter insgesamt oft noch holprig. So sind zwar inzwischen nahezu alle Apotheken (99 Prozent) und Arztpraxen (98 Prozent) an die Telematikinfrastruktur (TI), die technologische Basis digitaler Gesundheitsversorgung in Deutschland, angeschlossen. Gleichzeitig berichteten jedoch über zwei Drittel (69 Prozent) der angeschlossenen Arztpraxen von wöchentlichen oder sogar täglichen Problemen mit der Technik. Im Vorjahr betrug der Wert noch 50 Prozent.

Freude über digitalen Wandel

Dennoch überwiegen die positiven Nachrichten. Dazu zählt auch, dass die Bundesregierung die Digitalisierung des Gesundheitswesens auf unterschiedlichen Ebenen zuletzt massiv beschleunigt hat: Die flächendeckende Einführung des E-Rezepts läuft seit Sommer 2023, Video-Sprechstunden sind als Teil der medizinischen Standardversorgung etabliert, und Anfang 2025 bekommen die Versicherten automatisch eine elektronische Patientenakte, sofern sie nicht aktiv widersprechen. Die weit überwiegende Mehrheit der Menschen in Deutschland begrüßt diese Entwicklung: 89 Prozent halten die Digitalisierung im Gesundheitswesen grundsätzlich für richtig, und 71 Prozent wünschen sich dabei sogar mehr Tempo. Überdies erleben 83 Prozent, dass ihre Ärzte dem Thema Digitalisierung insgesamt aufgeschlossen gegenüberstehen. Dies fand gerade der Digitalverband Bitkom in einer repräsentativen Befragung heraus.

Gleichwohl gibt es auch Sorgen: Fast jeder Zweite (48 Prozent) fühlt sich von der Digitalisierung im Gesundheitswesen auch überfordert. Demnach betrifft das Gefühl der Überforderung die Älteren etwas stärker als die Jüngeren: 53 Prozent der über 50-Jährigen haben mit Blick auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens ein solches Gefühl, ebenso 42 Prozent der Menschen zwischen 16 und 49 Jahren. Entsprechend bleibt es wichtig, die Kompetenzen im Umgang mit digitalen Gesundheitstechnologien und mit der Vielzahl an Anwendungen weiter zu stärken.

Ein Arzt verwendet einen Fingerabdruckscanner auf einem Tablet, um sich in ein digitales Gesundheitsportal einzuloggen.
Sensible Gesundheitsdaten müssen optimal geschützt sein. Foto: iStock / boonstudio

IT-Sicherheit im Fokus bei Digitalen Gesundheitsanwendungen

Neben den vielen Vorteilen gibt es bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens weitere Herausforderungen. Zu den zentralen Fragen zählt etwa, wie sensible Daten so gesichert werden können, dass niemand unerlaubten Zugriff auf diese Daten bekommt und die Sicherheit der Informationen garantiert wird. Ein zentraler IT-Knotenpunkt unseres Gesundheitswesens ist die Telematikinfrastruktur (TI). Die TI ist das Kommunikationsnetzwerk im deutschen Gesundheitssystem. Sie wird regelmäßig kontrolliert und orientiert sich an strengen Spezifikationen. Laut einer Studie des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wird hingegen in Deutschland die Sicherheitslage der IT-Infrastruktur in Arztpraxen bisher kaum erfasst, obwohl sie essenziell für die Verarbeitung sensibler Daten ist. Lediglich ein Drittel der befragten Praxen räumte laut der BSI-Studie eine vollständige Umsetzung aller mit der Richtlinie vorgegebenen Schutzmaßnahmen ein. Gleichzeitig ergab die Befragung, dass es in zehn Prozent der Arztpraxen bereits mindestens einen IT-Sicherheitsvorfall gab. Zusätzlich zeigte sich, dass bei der aktuellen Fassung der IT-Sicherheitsrichtlinie Optimierungsbedarf bezüglich Verständlichkeit und Hilfestellungen bei der Umsetzung bestehen. Wenn die Schutzmaßnahmen vollständig umgesetzt würden, wäre das ein wichtiger Baustein für mehr IT-Sicherheit im Gesundheitswesen, erklärt das BSI.

Potenziale ausschöpfen

Ein weiterer Baustein für die erfolgreiche Digitalisierung des Gesundheitsstandorts ist das Thema KI. Künstliche Intelligenz in der Medizin – zum Beispiel in der pharmazeutischen Forschung, in der Diagnostik oder in anderen Bereichen des Gesundheitswesens – kann dazu beitragen, die Patientenversorgung sowie die Gesundheit der Bevölkerung weiter zu verbessern. Dabei sehen Organisationen im Gesundheitssektor das größte Potenzial von KI in den kommenden fünf Jahren laut einer KPMG-Studie in der Optimierung von Ressourcen, Prozessverbesserungen und in der Steigerung der Geschwindigkeit bei der Diagnose und Behandlung. Im Fokus steht derzeit die Automatisierung von Routineaufgaben durch die Anwendung von KI-Systemen – damit könnten sowohl die Arbeitsbedingungen des Personals verbessert als auch die Patientenbetreuung optimiert werden. Insgesamt scheint schon jetzt die jahrelange Stagnation im Gesundheitswesen überwunden zu sein. Wenn Deutschland die Potenziale noch besser nutzt, kann unser Gesundheitssystem trotz aller Herausforderungen leistungsfähig und bezahlbar bleiben.

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